Freitag, 25. September 2015

SEELENBAD: ÜBER DIE FUNKTIONEN DES GARTENS

Frau ist am Fühl- und Denkwerk. Im Unruhezustand. Das Schicksal der zahllosen Flüchtlinge, die hier, quasi vor meiner Haustüre, in Nässe und Kälte auf ihrem Weg nach Deutschland ausharren, lässt nicht kalt. Wo helfen, wie helfen. Helfen. Nicht blindlings, sondern sinnvoll. Das Hirn rotiert und das Gemüt tobt - und sucht sich Ausgleich. Und das ist der Garten.


Seit sich die Geschehnisse rund um mich überstürzen, brauche ich meinen Garten noch mehr und genieße ihn noch bewusster. Seit dem vorgestrigen kalten, regnerischen Tag aber versinke ich in jeder freien Minute in den Erinnerungen an meine spätherbstliche Gartenreise nach Frankreich vor drei Jahren. Insbesondere an den Jardin François, in den ich Sie schon zwei mal entführt habe. 


Vielleicht haben Sie Lust, sich in diese meine derzeitige Traumlandschaft entführen zu lassen? In diesen Garten, in den ich immer wiederkehre. Zumindest in Gedanken.


Eine Realitätsflucht, um mit beiden Beinen auf der Erde den eigenen Weg zu finden. Das ist es für mich.


Jahrelang hatte ich bei der Arbeit mit geplagten Menschen ein schlechtes Gewissen. Vor meinen Augen Bedürftigkeit oder gar Elend - und ich genieße seelensunruhig die Selbstverständlichkeit der Existenzabsicherung, wohligen Wohnraum und meinen geliebten Garten.


Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass gerade das Versenken in den Garten, das Seelenbad im Garten mein Engagement für Andere ermöglicht. Sobald ich meine Hände in der Erde habe, sobald ich hier ein neues Pflanzerl und dort eine gesundete Blume entdecke, tanke ich Kraft.


Menschen, die traurig sind, kann man die Traurigkeit nicht nehmen. Verzweifelten kann man zwar Mut zusprechen, aber es wird kaum etwas ändern. Aber man kann, wenn man Glück hat, Menschen mit Zuversicht anstecken. Für die muss man aber selbst sorgen und meine Quelle der Zuversicht ist mein Garten, ist die Natur.


Schweres verzieht sich in der Natur, Leichtigkeit breitet sich in mir aus.


Auch spüre ich meine Wurzeln hier besonders stark. Fühle die Wichtigkeit, Wurzeln zu haben und pflegen zu können. Heimat zu haben. Meine Lieben nicht verlassen zu müssen. Mich frei bewegen zu können; mich auch kritisch artikulieren zu können. Und mein ganzes Leben noch nie von Krieg bedroht gewesen zu sein.


Das sind keine schweren Gedanken, sondern sie erfüllen mich mit Dankbarkeit und Freude, etwas von der Lebenslust weitergeben zu können, die ich erhalte. Klingt schwülstig bis melodramatisch mit einem Schuss Moralinsäure? Ist einfach so.


Ich höre lieber auf, in den Genuss dieses wunderbaren französischen Gartens reinzuquatschen und breite einen Bilderbogen vor Ihnen aus.














So tanke ich denn seelische Energie im Abtauchen in die Bilder, in die Gartengefühle - und kremple dann wieder die Ärmel hoch. Würde mich freuen, wenn es Ihnen ähnlich erginge. Genießen wir und tanken wir Lebensfreude. Wir brauchen sie.

2 Kommentare:

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